Kosteneffiziente BI-Lösungen und OKRs in der Praxis – in dieser Folge von Finance & Data erklärt Wolfgang Faisst (ValueWorks), wie moderne BI-Tools mittelständischen Unternehmen helfen, aus Datensilos auszubrechen und strategische Steuerung effizient umzusetzen. Mit Fokus auf Datenarchitektur, automatisiertes Reporting und OKRs als Brücke zwischen Strategie und operativem Handeln.
Interview mit Dr.Wolfgang Faisst, CEO und Co-Gründer von ValueWorks
Warum Excel an seine Grenzen stößt – und was moderne BI-Software leisten muss
Einleitung:
Dr. Wolfgang Faisst ist Mitgründer und CEO von ValueWorks.ai, einer Business-Intelligence-Plattform für mittelständische Unternehmen, Scale-Ups und Investoren. Mit Stationen bei SAP, wo er 14 Jahre tätig war – zuletzt als Leiter der Strategie für KI in S/4HANA –, sowie bei der Strategieberatung Bain & Company, verfügt er über einen tiefen Einblick in Dateninfrastruktur, Reporting und Unternehmenssteuerung. Zudem ist er in mehreren Beiräten aktiv. Im Interview mit Julian Molitor, Gründer von Novemcore, spricht Faisst über die Grenzen von Excel, die Anforderungen an zukunftssichere Datenarchitekturen und die Rolle von OKRs in der Unternehmensführung.
Julian Molitor:
Wolfgang, herzlich willkommen! Lass uns direkt einsteigen: In welchen Fällen macht Excel heute noch Sinn – und wo stößt es klar an seine Grenzen?
Wolfgang Faisst:
Wenn man gerade erst loslegt, vielleicht nur HubSpot nutzt und eine kleine Analyse macht, ist Excel absolut in Ordnung. Beispielsweise, um Leads zu priorisieren oder zu segmentieren. Aber sobald man mehrere Datenquellen wie HubSpot, Personio oder Jira zusammenführen will, wird es schwierig. Historische Vergleiche, etwa zwischen der heutigen Pipeline und der von vor drei Monaten, lassen sich in Excel kaum effizient abbilden – dafür braucht es sogenannte Chrono-Snapshots. Auch bei komplexeren Auswertungen, wie der Projektprofitabilität oder den Kundenakquisitionskosten, stößt Excel schnell an Grenzen.
Dazu kommt: Wenn Fehler passieren – sei es intern oder im Reporting gegenüber Investoren – kann das erhebliche Folgen haben. Und auch das Thema Nutzerrechte ist ein kritischer Punkt: In Excel kann ich nicht granular steuern, wer welche Finanzkennzahlen sehen darf. Dann müsste ich mehrere Versionen führen – das wird schnell unübersichtlich und fehleranfällig.
Julian Molitor:
Das sehen wir in Projekten auch: Es gibt BI-Software, die alle Anforderungen abdeckt – aber Excel wird trotzdem weiterverwendet. Warum?
Wolfgang Faisst:
Das gab es schon zu meiner Zeit bei SAP. Viele Unternehmen hatten ein ERP-System, aber führten zusätzlich eine Schattenwelt in Excel. Das liegt oft daran, dass Excel eben so leicht zugänglich ist. Aber irgendwann stellt sich die Frage: Baut man einen eigenen Datenstack mit Snowflake, dbt, ETL-Prozessen etc. – oder setzt man auf eine Standardlösung wie ValueWorks?
Julian Molitor:
Aber mit jeder Software ist auch ein Change-Prozess verbunden – das erlebe ich regelmäßig. Auch wenn die neue Lösung objektiv besser ist, wird sie nicht immer genutzt.
Wolfgang Faisst:
Absolut. Eine neue Lösung muss nicht nur technisch eingeführt, sondern auch im Unternehmen verankert werden – das beginnt in der Regel beim Top-Management. Nur wenn der Wandel aktiv vorgelebt wird, entsteht echte Veränderung.
Julian Molitor:
Was sind aus deiner Sicht Kriterien für die Auswahl einer BI-Software? Neulich wurde bei einem Kunden Microsoft Dynamics als ERP eingeführt – und die erste Frage war: „Reicht Power BI?“
Wolfgang Faisst:
Power BI ist ein Visualisierungswerkzeug – aber wenn man historische Analysen machen will, unstrukturierte Daten verarbeiten oder KI-Funktionen integrieren möchte, reicht es nicht aus. Die Alternative ist ein moderner Datenstack mit Komponenten wie Snowflake, dbt und ETL-Lösungen. Das ist aber komplex – und teuer.
SAP zum Beispiel baut aktuell eine Business Data Cloud auf, mit noch mehr Tools und Integrationen. Wer diese Infrastruktur aufbauen will, investiert schnell Millionen. Für Konzerne ist das okay – für den Mittelstand in der Regel nicht. Diese Unternehmen wollen schnell Ergebnisse und keine jahrelangen Projekte.
Julian Molitor:
Was ist mit Startups oder Scale-Ups?
Wolfgang Faisst:
Einige bauen eigene Datenteams auf, geben viel Geld aus – und schaffen es dennoch nicht, die nötigen Kennzahlen sauber bereitzustellen. Ich kenne Fälle, in denen für fünf KPIs eine halbe Million investiert wurde – und das Unternehmen trotzdem in Schieflage geriet.
Man sollte sich daher fragen: Was ist mein Zielbild? Was sind die Nutzergruppen? Entscheider, Investoren, Analysten? Die Lösung muss zu den Ressourcen, Zielen und dem Reifegrad des Unternehmens passen.
Julian Molitor:
Also: Nicht der Ferrari, sondern das passende Fahrzeug – ob Transporter oder Bulli – je nach Bedarf?
Wolfgang Faisst:
Ganz genau. Und: Auch die Anforderungen an KI verändern alles. Klassische Data Warehouses reichen nicht mehr aus, wenn man Co-Piloten oder GenAI einsetzen will. Man braucht eine neue Infrastruktur, sonst bleibt KI ein Marketingversprechen.
Julian Molitor:
Was bedeutet in diesem Kontext „zukunftssicher“?
Wolfgang Faisst:
Zukunftssicherheit beginnt mit einem strukturierten Datenmodell – einer Ontologie. Das ist ein digitaler Zwilling des Unternehmens: mit klaren Definitionen für Kunden, Projekte, Produkte, etc. Nur wenn ich weiß, wie die Daten zueinander gehören, kann ich KI sinnvoll einsetzen. Wer einfach nur Excel hochlädt, bekommt keine Antworten auf Fragen wie: „Wie profitabel waren die Projekte von Julian?“ – weil die relevanten Daten verstreut sind.
Julian Molitor:
Was sind häufige Fehler, die Unternehmen dabei machen?
Wolfgang Faisst:
Viele starten technikgetrieben – statt vom Zielbild aus zu denken. Man bereinigt 800 Felder, obwohl nur 10 wirklich wichtig sind. Oder man baut ein großes System, aber definiert die KPIs nicht richtig. Erfolgreich ist, wer schrittweise vorgeht: Erst fünf KPIs, dann zehn – in Wellen. Und: Teams müssen interdisziplinär sein – Betriebswirte, Technologen, KI-Experten. Sonst entstehen blinde Flecken.
Julian Molitor:
Lass uns zum Thema OKRs kommen. Was ist der Mehrwert – gerade für CFOs und Investoren?
Wolfgang Faisst:
OKRs helfen, Strategien greifbar und umsetzbar zu machen. Viele Unternehmen scheitern nicht an der Strategie, sondern an der Umsetzung. OKRs schaffen Fokus, machen Beiträge sichtbar und fördern bereichsübergreifende Zusammenarbeit.
Julian Molitor:
Und sie fördern Eigenverantwortung?
Wolfgang Faisst:
Genau. Statt Mikromanagement übernehmen Mitarbeitende Verantwortung für ihre Ziele – das befähigt sie und schafft Führungskräfte von morgen.
Julian Molitor:
Was sind typische Stolpersteine?
Wolfgang Faisst:
Zwei Dinge: Erstens, wenn das Management OKRs nicht selbst lebt – dann nimmt sie niemand ernst. Zweitens, wenn der Aufwand zu hoch ist, z. B. durch manuelles Tracking in Excel. Hier helfen Softwarelösungen wie ValueWorks.
Julian Molitor:
Was genau leistet ValueWorks bei OKRs?
Wolfgang Faisst:
Wir bieten eine Bibliothek von OKRs, automatisieren Aktualisierungen und Check-Ins, erinnern automatisch an Updates – so bleibt der Aufwand minimal. Alles ist transparent und nachvollziehbar – ohne Chaos in Excel.
Julian Molitor:
Ein Problem, das ich häufig sehe, ist Zielinstabilität – OKRs, die alle drei Monate wechseln. Wie geht man damit um?
Wolfgang Faisst:
OKRs sind agil – ja. Aber die Unternehmensziele sollten über 12 Monate oder länger stabil bleiben. Anpassungen wegen externer Ereignisse sind okay, aber keine ständige Neuausrichtung. Ich empfehle: Erst die Unternehmensziele definieren, dann auf Abteilungen herunterbrechen – und erst danach iterativ erweitern.
Julian Molitor:
Abschließend: Was kann noch schieflaufen?
Wolfgang Faisst:
Wenn das Management sich zurückzieht, wird OKR schnell zur To-do-Liste – und das war nie der Sinn. Oder: Es wird zu wenig Zeit in die Zieldefinition investiert. Dann fehlen Richtung und Struktur. Unternehmen, die operativ im Ad-hoc-Modus arbeiten, werden auch strategisch nicht weiterkommen.
Julian Molitor:
Vielen Dank für all die Einblicke – sowohl zur BI-Welt als auch zu OKRs. Es war ein spannendes Gespräch.