Transformation in Konzernen und Mittelstand, Daten als Steuerungsinstrument und die Rolle von KI – in dieser Folge von Finance & Data teilt Daniel Zeiter (ehem. SVP Swisscom, Strategy&, Accenture, BCG Platinion) seine Erfahrungen aus einem groß angelegten Transformationsprogramm mit über 120 Projektmanagern und zweistelliger Profitabilitätssteigerung.
Daniel Zeiter war zuletzt Senior Vice President und Vorstandsmitglied des IT-Solution-Bereichs bei Swisscom. Dort leitete er ein Team von 120 Projektmanagern und verantwortete ein groß angelegtes Transformationsprogramm, mit dem die Profitabilität zweistellig gesteigert und das Geschäft strategisch ausgebaut werden konnte. Zuvor sammelte er Erfahrung bei Strategy&, Accenture und BCG Platinion – stets an der Schnittstelle zwischen Technologie und Business. Im Gespräch mit Julian Molitor, Gründer von Novemcore, berichtet Zeiter über Erfolgsfaktoren von Transformationen, die Rolle von Daten und Technologie sowie die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz.
Julian Molitor: Herr Zeiter, Sie kennen beide Perspektiven – die des Beraters und die eines Konzernverantwortlichen. Was sind aus Ihrer Sicht die entscheidenden Erfolgsfaktoren, wenn es um Transformationsprogramme geht?
Daniel Zeiter: Erfolg muss man zunächst definieren. Ein Transformationsprogramm ist erfolgreich, wenn es einen klaren Value Case hat, echte Benefits realisiert und vom Top-Management getragen wird. Transformation ist „hartes Brot“ – man braucht Durchhaltevermögen, Ressourcen und eine klare Vorbereitung. Wichtig ist außerdem die Kombination aus externer Expertise und internem Empowerment. Berater bringen Methodik und Erfahrung mit, Unternehmen kennen die interne Realität. Zusammen entsteht der richtige Mix.
Julian Molitor: Gibt es bestimmte Best-Practice-Hebel, die Sie für zentral halten?
Daniel Zeiter: Ich orientiere mich an fünf Dimensionen eines Target Operating Models: People, Technologie, Organisation, Governance und Prozesse. Diese müssen zusammenspielen. Bei Swisscom haben wir zudem fünf zentrale Narrative definiert – etwa Competition Readiness (wo habe ich ein „Right to Win“?) oder Customer Excellence. Delivery Excellence war ein weiterer Pfeiler. Entscheidend war dabei das aktive Stakeholder-Management und ein professionelles Change Management. Denn am Ende frisst die Kultur jede Strategie zum Frühstück.
Julian Molitor: Daten spielen für uns bei Novemcore eine zentrale Rolle. Wie wichtig sind sie für Transformationen?
Daniel Zeiter: Ohne Daten bist du im Blindflug. Sie sind entscheidend, um Probleme zu quantifizieren und Fortschritte zu messen. Aber sie müssen sauber sein – bei Swisscom hatten wir oft fragmentierte, nicht harmonisierte Daten. Governance ist daher genauso wichtig wie die KPIs selbst. Sonst landet man schnell im „Datensumpf“.
Julian Molitor: Technologie ist ein weiterer Eckpfeiler. Oft scheitern Programme daran, dass IT und Business nicht zusammenfinden. Was ist Ihre Perspektive?
Daniel Zeiter: Technologie muss von Anfang an Teil der Geschäftsstrategie sein. Ein CIO oder CTO gehört mit an den Tisch, nicht erst in die Umsetzung. Lange Zeit wurde IT als reine Ausführungsfunktion gesehen – das ist heute fatal. Business, Finance und Technologie müssen gemeinsam planen, sonst passt das Puzzle nicht zusammen.
Julian Molitor: Welche Rolle spielt dabei der Mittelstand, gerade im Vergleich zu Großkonzernen?
Daniel Zeiter: Der Mittelstand ist das Rückgrat der Wirtschaft und hat klare Vorteile: schnellere Entscheidungswege, pragmatisches Handeln und breiter aufgestellte Mitarbeiter. Zwar fehlen oft Skalierungseffekte, dafür können Mittelständler bestehende Technologien sehr schnell adaptieren. Wichtig ist, sich auf die Kernkompetenzen zu konzentrieren und IT-Infrastruktur oder Commodity-Themen einzukaufen.
Julian Molitor: In welchen Branchen sehen Sie aktuell das größte Potenzial?
Daniel Zeiter: Eigentlich in allen. Jedes Unternehmen muss Technologie nutzen, um effizienter zu werden oder neue Umsatzquellen zu erschließen. In Banken war Digitalisierung immer präsent, aber auch dort gibt es noch Prozesse, die manuell laufen. In Branchen wie Bau oder traditionellen Industrien ist das Potenzial besonders groß, weil dort viele Abläufe noch analog sind. Am Ende gilt: Wer Technologie nicht nutzt, ist morgen vom Markt verschwunden.
Julian Molitor: Sie haben ein Team von über 100 Projektmanagern geführt. Welche Führungsprinzipien haben Ihnen geholfen?
Daniel Zeiter: Kommunikation ist entscheidend. Wir haben All-Hands-Meetings auf Englisch etabliert, ergänzt durch lokale Roundtables in Landessprachen. So konnten wir Barrieren abbauen. Zudem habe ich Strukturen verändert: Weg von klassischen Linienverantwortungen hin zu Projektportfolios. Das hat die Transparenz erhöht und die Nähe zu den Projekten gestärkt. Wichtig ist, dass Führungskräfte im Projekt sichtbar sind – nicht nur als Eskalationsinstanz, sondern auch als aktiver Sparringspartner.
Julian Molitor: Zum Abschluss der Blick nach vorn: Welche Rolle wird Künstliche Intelligenz spielen?
Daniel Zeiter: KI ist ein Beschleuniger. Kurzfristig überschätzen wir ihren Impact, langfristig unterschätzen wir ihn. Klar ist: Sie wird Beratung und Transformation massiv verändern. Vieles, was früher Tage dauerte – etwa die Auswertung von Interviews – lässt sich heute in Stunden erledigen. Trotzdem bleibt Transformation ein People-Business. Am Ende entscheiden die Menschen über Erfolg oder Misserfolg. Technologie kann helfen, aber nicht ersetzen.
Julian Molitor: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Zeiter.